Teilprojekt Energie- und Lastflussoptimierung

Die Grundidee

Im Mittelpunkt des Teilprojektes steht die Optimierung und bessere Ausnutzung bestehender Netzkapazitäten (Energienetz) und -komponenten. Hierfür wird ein Lastmanagementsystem je Anwendungsfeld entworfen. Ein solches Anwendungsfeld umfasst die Straßenbahnen des Jenaer Nahverkehrs und die dazugehörige Stromversorgung. Hier ist das Ziel, die bestehende Infrastruktur zur Energieversorgung besser auszulasten und vor Überlastung zu schützen.

Das stationäre Lastmanagement als weiteres Anwendungsfeld umfasst Elektrobusse und die dazugehörige Ladeinfrastruktur, welche im öffentlichen und nichtöffentlichen elektrischen Energienetz installiert ist. Hier liegt der Fokus auf der Vermeidung von Überlastungen im Stromnetz sowie möglicher Überdimensionierung an den betrachteten Ladepunkten, ohne die Bedürfnisse der im Linienverkehr eingesetzten E-Busse außer Acht zu lassen. Die beteiligten Komponenten sind via 5G vernetzt. Neben einer einfacheren kommunikationstechnischen Anbindung der Messgeräte als bei einer drahtgebundenen Variante stehen hier die geringen Latenzen sowie eine sehr hoher Sicherheit durch u. a. Priorisierung bei der Übertragung der Daten und Befehle (Quality of Service) als herausragende Vorteile im Fokus.

Das mobile Lastmanagementsystem

Das mobile Lastmanagementsystem umfasst die Jenaer Straßenbahnen und die dazugehörige Energieversorgung und hat zum Ziel, die bestehende Infrastruktur besser auszulasten und vor Überlastungen zu schützen.

Hierfür wird virtuell das Oberleitungsnetz des Jenaer Nahverkehrs in (zum Zeitpunkt der Betrachtung) nicht miteinander gekoppelte Bereiche aufgeteilt und bezüglich elektrotechnischer Parameter untersucht. Dazu zählen die Merkmale der Oberleitung (Leitungsquerschnitt, -länge und -bauart) als auch die Merkmale der Einspeisepunkte (u. a. Art und Anzahl, Leistung, Sammelschienenspannung). Aus diesen Informationen wird die maximal abrufbare Leistung je Abschnitt festgelegt. Durch ein Leistungsforecast (siehe Teilprojekt Fahrerassistenzsystem - FAS) kann die von den Straßenbahnen zukünftig benötigte Leistung mit der im jeweiligen Abschnitt maximal zur Verfügung stehenden Leistung verglichen werden.

Wenn die Leistung ausreichend ist, können die Straßenbahnen, wie im Leistungsforecast geplant, die Leistungen beziehen. Sollte mehr Leistung benötigt werden, als zur Verfügung steht, wird dies dem FAS mitgeteilt, welches einen neuen Leistungsforecast erstellt. Dies kann zum Beispiel dann passieren, wenn sich zu viele Straßenbahnen (beispielsweise durch einen Verkehrsstau) im gleichen Abschnitt befinden. Auch ausgefallene Komponenten in einem GUW (Gleichrichterunterwerk), das den Abschnitt mit elektrischer Energie versorgt, kann eine Reduktion der Leistung nötig machen. Es soll stets der Fahrbetrieb auch bei außergewöhnlichen Betriebssituationen sichergestellt werden.

Umzusetzende Use-Cases:

  • Ausfall eines GUWs bzw. von Komponenten eines GUWs
  • Bei Verkehrsstau => überdurchschnittlich viele Straßenbahnen in einem Speiseabschnitt
  • Normalverkehr => Vermeidung von Überlastung von Betriebsmitteln bzw. bessere Ausnutzung

Warum wird hier auf 5G gesetzt?

  • Bei der Übermittlung von Messdaten und Steuerbefehlen ist ein besonders hohes Maß an Quality of Service, insbesondere hinsichtlich der sicheren und priorisierten Datenübertragung, wichtig.
  • Für die Datenübermittlung der Straßenbahnen werden besonders geringe Latenzen benötigt, um die erforderlichen Berechnungsschritte für das mobile Lastmanagement und das Fahrerassistenzsystem (siehe entsprechendes Teilprojekt) durchzuführen. Nur so kann sichergestellt werden, dass stets entsprechend der aktuellen Datenlage richtig und zeitnah agiert bzw. reagiert werden kann.
  • Im Hinblick auf die Messwertübertragung der GUWs bildet die 5G Technologie eine sichere und sehr zuverlässige Rückfallebene. Sollte bspw. der Glasfaseranschluss nicht verfügbar sein, können die Daten auch bei hoch ausgelasteten Mobilfunknetzen zuverlässig übertragen werden. Dies sichert in außergewöhnlichen Situationen die Datenkommunikation und somit die Funktionstüchtigkeit des mobilen Lastmanagements.
Das stationäre Lastmanagementsystem

Die Grundidee des stationären Lastmanagementsystems besteht darin, Elektrobusse und deren Ladeinfrastruktur sinnvoll in bestehende Energieversorgungsnetze zu integrieren. Es gilt hierbei die Anforderungen an einen bedarfsgerechten Betrieb der Ladeinfrastruktur mit der Vermeidung möglicher negativer Auswirkungen auf das Energieversorgungsnetz (bspw. durch auftretende Überlastungen) in Einklang zu bringen.

Zur Lösung der komplexen Aufgabenstellung wird ein stationäres Lastmanagementsystem entwickelt, welches im Kern Prognosen für den Energiebedarf der Elektrobusse erstellt und darauf aufbauend die Nachladevorgänge plant und koordiniert. Das stationäre Lastmanagement beschränkt sich nicht nur auf den Linienbetrieb, sondern betrachtet auch den Betriebshof. Durch diese ganzheitliche Betrachtungsweise soll vermieden werden, dass eine einseitige Optimierung mögliche Überlastungen an einer Stelle verhindert, jedoch an einer anderen zu einer ungewollten Erhöhung des Leistungsbedarfs bis hin zu Lastspitzen führt. Der vermeintlich vermiedene Ausbau der Infrastruktur könnte somit an anderer Stelle wieder nötig werden.

Die Koordination der Ladevorgänge erfolgt auf Grundlage des prognostizierten SOC (state of charge - Ladezustand des Akkus) am nächstmöglichen Ladepunkt (A). Hier erfolgt die Ermittlung der erforderlichen Energiemenge, um nicht nur den nächsten Ladepunkt (B nach Ladepunkt A), sondern auch den übernächsten Ladepunkt (C) zu erreichen. Daraus ergibt sich die Energiemenge, die am Ladepunkt (A) nachgeladen werden muss. Durch die Vorgaben des Fahrplans (und der aktuellen Verkehrslage) kann die Ladekurve und dazugehörige Lastkurve ermittelt werden, um die benötigte Energie in der zur Verfügung stehenden Zeit nachzuladen.

Die Lastkurve wird mit den aktuellen Leistungswerten und statistischen Lastgängen der Trafostation verglichen. Kann die Leistung uneingeschränkt zur Verfügung gestellt werden, wird die Ladekurve freigegeben. Ist dies nicht der Fall, wird ermittelt, ob durch die temporäre Leistungsreduktion von flexiblen Verbrauchern (bspw. E-Autos, Wärmepumpe), die durch dieselbe Trafostation versorgt werden, die benötigte Leistung zur Verfügung gestellt werden kann. Ist dies der Fall, kann die Ladekurve in vollem Umfang freigegeben werden, andernfalls muss die Ladeleistung gedrosselt werden.

Die erwähnten flexiblen Verbraucher verschieben ihren Bezug zeitlich und können zwischen der Busladezeit die mit dem Netzbetreiber vereinbarte Leistung nutzen. Der elektrifizierte Öffentliche Nahverkehr und der motorisierte Individualverkehr teilen sich somit die zur Verfügung stehenden Netzressourcen. Diese These, wie auch die Machbarkeit einer sinnvollen Nutzung der zur Verfügung stehenden Flexibilitäten, gilt es im Rahmen des Forschungsprojektes zu validieren und in der spezifischen Anwendung zu konkretisieren.

Warum ist 5G entscheidend?

  • Die benötigten Daten(-mengen) und Informationen können mit geringen Latenzen übermittelt und weiterverarbeitet werden.
  • Auch im Falle einer Überlastung des Kommunikationsnetzes müssen zwingend die Daten und Ladepläne übermittelt werden, um die Energienetze nicht zu beeinträchtigen. Die 5G Technologie ermöglicht durch sogenanntes Slicing im Gegensatz zu bestehenden Mobilfunktechnologien eine Priorisierung der Datenübermittlung.
  • Im Falle eines Ausfalls bestehender Kommunikationswege bildet 5G eine Rückfallebene.

Was ist der Unterschied zu bestehenden Lösungen?

  • Leichte Integration neuer Messtechnik in ein bestehendes System, auch an Orten ohne kabelgebundene Kommunikationsmedien
  • Ganzheitliche Betrachtung der Ladevorgänge der E-Busse (Vermeidung einer einseitigen Lastverlagerung)
  • Einbindung von verschiedenen flexiblen Verbrauchern (bspw. E-Autos)
Das Team

Das Teilprojekt-Team besteht aus Mitarbeitern des Jenaer Nahverkehrs und der Stadtwerke Jena Netze GmbH unter der Leitung des Instituts für Energiemanagement (ifem) der Hochschule Mittweida. Die Stadtwerke Jena Netze GmbH sind vorrangig an dem stationären Lastmanagement beteiligt und stellen einen Einsatzort für die Erprobung des mobilen Lastmanagements sowie Know-How und personelle Ressourcen bei der Umsetzung zur Verfügung. Der Jenaer Nahverkehr ist an beiden Lastmanagement-Varianten beteiligt und stellt neben Know-How und personelle Ressourcen u. a. die Erprobungsfahrzeuge, Ladepunkte und Gleichrichterunterwerke zur Verfügung, für die die Lastmanagement-Varianten entwickelt werden.

Neben der Leitung des Teilprojekts ist das ifem der Hochschule Mittweida für die Entwicklung, Konzeptionierung und Umsetzung des Lastmanagementsystems zuständig. Der Schwerpunkt des ifem liegt in der anwendungsorientierten Industrieforschung in energiewirtschaftlichen und technischen Fragestellungen. Die Forschungsgebiete umfassen die Digitalisierung der Energiewirtschaft, Smart Energy Ressourceneffizienz sowie Energie und Umwelt. Weitere Informationen finden Sie beim Institut für Energiemanagement der Hochschule Mittweida.