Ein Jahr Digitalagent an Jenas Schulen

Wie Christoph Voigt Digitalisierung lebendig macht

Seit einem Jahr begleitet Christoph Voigt als Digitalagent drei Jenaer Schulen – eine Maßnahme im Rahmen des Smart City Projekts Jena. Dabei unterstützt er Lehrkräfte darin, digitale Medien sicherer, entspannter und sinnvoller in ihren Unterricht zu integrieren. Was zunächst wie eine technische Aufgabe klingt, ist in der Praxis vor allem eines: Beziehungsarbeit. Zuhören, Unsicherheiten nehmen, Orientierung geben und zeigen, wie digitale Möglichkeiten das Lernen wirklich erweitern können.

Wenn Christoph auf die vergangenen zwölf Monate zurückblickt, dann fällt ihm besonders die Haltung der Lehrkräfte ins Auge. „Das Engagement hier ist enorm. Viele Lehrkräfte investieren zusätzlich Zeit – neben all dem, was sie ohnehin leisten – nur um ihren Unterricht weiterzuentwickeln. Das hat mich wirklich beeindruckt.“

Weiterentwicklung entsteht dann oft in kleinen Momenten. Eine kurze Einführung in die schulische Cloud ersetzt plötzlich den USB-Stick. Ein klärendes Gespräch nimmt Berührungsängste. Ein gemeinsamer Blick auf digitale Tools führt zu einem spontanen „Aha, das geht ja viel einfacher!“ Genau so entsteht Stück für Stück digitales Selbstvertrauen.

Ein Jahr des Einordnens – und der vielen Fragen

Christoph spricht offen über die Hürden zu Beginn, denn die Rolle des Digitalagenten war für viele zunächst ungewohnt. 

 

„Ich musste erst viel zuhören, um zu verstehen, wo die Bedarfe liegen. Technik ist in fast allen Schulen vorhanden – aber die Frage ist: Was brauchen Lehrkräfte, damit sie diese Technik als Entlastung erleben und damit Unterricht wirklich besser gestalten können?“

Schnell wurde deutlich, dass es nicht reicht, analoge Methoden einfach digital umzusetzen. In einer sich rasant verändernden und komplexen Welt braucht es Lernformen, die flexibel sind, kollaborativ, visuell, kreativ sind und – und die über das hinausgehen, was im klassischen Unterricht möglich ist.

Um herauszufinden, wo sich die Schulen auf diesem Weg befinden, hat Christoph Befragungen in den Kollegien und bei Schulleitungen durchgeführt. Diese helfen Schulen, ihre Situation realistisch einzuschätzen, indem sichtbar wird, welche Strukturen sie tragen, wo sich Stärken und  Unsicherheiten zeigen und welche weiteren Schritte sinnvoll und umsetzbar sind.

„Es ist wichtig zu verstehen, wo eine Schule aktuell steht. Erst dann kann man gemeinsam überlegen, welche Schritte wirklich Sinn ergeben.“

Wichtige Unterstützung für die Lehrkräfte

Bild
Mann und Frau sitzen an einem Tisch und unterhalten sich.

Digitalagent Christoph Voigt im Gespräch mit Grundschullehrerin Anja Walther.


©Stadt Jena

Wie wertvoll diese Begleitung im Alltag ist, schildert Anja Walther, Grundschullehrerin an der „Saaletalschule“ in Lobeda-West. Seit einem Jahr arbeitet sie eng mit Christoph zusammen. 

„Christoph ist eine Riesenunterstützung. Ich habe viel mehr Motivation, mich mit digitalen Möglichkeiten zu beschäftigen, weil ich weiß, dass jemand da ist, den ich fragen kann.“

Sie berichtet, dass digitale Inhalte besonders dann eine große Hilfe sind, wenn bei schlechtem Wetter der Unterricht anschaulicher werden soll – etwa beim Thema Igel, Pflanzenkunde oder Schulgarten. 

„Die Kinder lieben es, wenn wir gemeinsam Videos anschauen, ausprobieren oder vergleichen können.“

Gleichzeitig ist ihr wichtig, dass digitale Werkzeuge nicht alles ersetzen: Kinder sollen weiterhin handschriftlich arbeiten können, und Unterricht muss funktionieren, auch wenn Technik einmal ausfällt.

Anja Walther erzählt offen, dass sie nicht die einzige Lehrkraft sei, die zusätzlich Zeit investiere, um sich digital weiterzubilden. 

„Eigentlich bräuchte jede Schule jemanden wie Christoph Voigt. Die Herausforderungen sind doch überall ähnlich.“

Begleitet werden aktuell durch den Digitalagenten die Grundschule Saaletalschule, die Gemeinschaftsschule „An der Trießnitz“ und das Adolf-Reichwein-Gymnasium. Weitere Jenaer Schulen profitieren durch Netzwerkveranstaltungen von dem Modellprojekt.

Wohin sich die Schule jetzt bewegt

Inzwischen zeigt sich an allen drei Schulen, dass digitale Medien im Unterricht angekommen sind. Manche Lehrkräfte probieren neue Lernformen vorsichtig aus, andere gehen voran und setzen mutige Impulse. Entscheidend ist, dass Schulleitungen diesen Prozess unterstützen und Freiräume ermöglichen – und dass Christophs Angebote überall willkommen sind. 

„Mir standen bisher an allen Schulen wirklich alle Türen offen. Das zeigt, dass der Wille da ist, gemeinsam etwas zu bewegen.“

Für das kommende Jahr hat Christoph klare Ziele. Er möchte zusammen mit den Schulen einen strukturierten Weg entwickeln, um ihre Zukunft in einer digital geprägten Welt aktiv zu gestalten. Außerdem möchte er das Wissen, das bereits in den Kollegien steckt, sichtbarer machen und Formate stärken, in denen Lehrkräfte voneinander lernen.

Ein zentraler Anspruch des Projekts ist seine Nachhaltigkeit. Strukturen, die jetzt entstehen, sollen so angelegt sein, dass sie unabhängig von einzelnen Personen funktionieren. Damit dieses Wissen nicht an einzelne Menschen gebunden bleibt, baut Christoph ein breites Netzwerk auf und arbeitet eng mit lokalen und regionalen Partnern zusammen. Feste Kooperationspartner sind das Jenaer Medienzentrum, sowie das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM). Des weiteren bestehen enge Kontakte zum Thüringer Bildungsministerium sowie zur Friedrich-Schiller-Universität Jena, insbesondere zum Lehrstuhl für Schulpädagogik und Unterrichtsforschung. Seine Stelle ist in der Schulverwaltung der Stadt Jena angesiedelt.

Auf diese Weise entsteht Schritt für Schritt ein stabiles Fundament, das die Entwicklung zur digitalen Schule über die Projektlaufzeit hinaus zuverlässig trägt.

Am Ende bringt er es selbst auf den Punkt: 

„Digitalisierung bedeutet nicht nur, dass wir neue Geräte haben. Sie verändert, wie wir zusammenarbeiten, wie wir kommunizieren und wie wir lernen.“

Nach einem Jahr im Einsatz zeigt sich: Dieser Wandel hat längst begonnen – engagiert, spürbar und gemeinsam mit denen, die Schule jeden Tag mit Leben füllen.