Barrierefrei unterwegs – auch im digitalen Raum
Barrierefreiheit ist ein wichtiges Thema. Wirklich präsent ist es den meisten wahrscheinlich im baulichen Bereich. Hier wird zum Beispiel darauf geachtet, dass Räumlichkeiten auch für Rollstuhlfahrende zugänglich sind und über eine Rampe oder mit einem Fahrstuhl erreicht werden können.
Die Maßnahmen für die Barrierefreiheit gehen aber noch weit darüber hinaus und Gleiches gilt für die Zielgruppen: So kann etwa innerhalb von Gebäuden eine verständliche grafische Beschilderung Analphabetinnen und Analphabeten sowie Nicht-Muttersprachler:innen bei der Orientierung unterstützen. Kurze Wege, Sitzgelegenheiten oder Geländer helfen Menschen, die nicht so gut zu Fuß unterwegs sind und sich öfter ausruhen müssen, etwa weil sie verletzt, alt oder schwanger sind.
Ähnliches gilt auch für die digitale Welt: Auf Webseiten oder in Apps gibt es viele Ansatzpunkte, um Menschen das Nutzen einer Software zu vereinfachen beziehungsweise überhaupt erst zu ermöglichen.
Digitale Barrierefreiheit wird allmählich zum Standard
Doch was ist Barrierefreiheit überhaupt? Barrierefreiheit bedeutet, dass es jedem Menschen trotz etwaiger Beeinträchtigungen möglich ist, seine Umgebung uneingeschränkt und ohne zusätzliche Hilfe wahrzunehmen und zu nutzen. Dies gilt wie beschrieben sowohl für die reale Welt als auch für den digitalen Raum.
Während bei baulichen Themen mögliche Hürden auch für Nichtbetroffene offensichtlich sind, sieht das etwa bei Webseiten schon anders aus: Dass man mit einem Rollstuhl nicht die Treppe nutzen kann, ist nachvollziehbar. Doch was im virtuellen Raum das Problem sein soll, erschließt sich oft nicht auf den ersten Blick. Dabei gibt es dort ebenfalls zahlreiche potentielle Hürden.
So sind etwa folgende Dinge für eine barrierefreie Webseite oder App wichtig:
- Die Schriftgröße: Ist sie zu klein, können Seheingeschränkte den Text nicht lesen.
- Die Farbkontraste müssen stark genug sein, ansonsten sind Unterschiede für Menschen, die Farben nicht gut sehen können, nicht zu erkennen.
- Alle Bilder benötigen eine aussagekräftige Bildbeschreibung, denn blinde Menschen können sich Webseiten von entsprechenden Programmen vorlesen lassen. Dazu gehören auch die Bildbeschreibungen. Fehlen diese, erhalten Blinde keinerlei Information zu dem abgebildeten Motiv.
- Aus dem gleichen Grund sollten Bilder keine Texte enthalten oder diese wenigstens in der Bildbeschreibung angegeben werden.
- Buttons brauchen eine gewisse Größe, damit sie gut angeklickt werden können.
- Aus dem gleichen Grund sollen alle Bedienelemente einen Mindestabstand zueinander haben.
- Die Navigation durch eine Webseite muss vollständig per Tastatur möglich sein, nicht nur per Maus.
- Die wichtigsten Inhalte sollen in Leichter Sprache wiedergegeben werden, da komplizierte Sprache, etwa amtliche oder wissenschaftliche Texte, für manche Menschen nicht zu verstehen sind.
- Für Gehörlose sollen zudem die wichtigsten Inhalte einer Webseite auch in Gebärdensprache bereitgestellt werden.
- Videos sollen in barrierefreien Formaten zur Verfügung gestellt werden und für Gehörlose Untertitel und für Sehbeeinträchtige Audiodeskription enthalten.
Die hier aufgeführten Punkte sind lediglich ausgewählte Beispiele für die zahlreichen Anforderungen an eine barrierefreie Webseite oder App. Insgesamt gibt es noch deutlich mehr Umsetzungsmöglichkeiten, um Menschen mit Beeinträchtigungen digitale Teilhabe zu ermöglichen. Es wird dabei bereits deutlich, wie vielfältig Einschränkungen und Möglichkeiten sein können und dass tatsächlich viele Menschen von guten Lösungen profitieren.
Da die digitale Barrierefreiheit also so essentiell für die Teilhabe zahlreicher Bevölkerungsgruppen ist, müssen öffentliche Einrichtungen laut einer EU-Richtlinie den barrierefreien Zugang zu ihren digitalen Angeboten ermöglichen. Stellen, an denen dies nicht möglich ist, müssen dokumentiert und abgebaut werden.
Von Barrierefreiheit profitieren alle
In der Praxis lässt sich eine vollkommene Barrierefreiheit allein schon aufgrund technischer Begebenheiten leider nicht immer erreichen. Deshalb wird immer häufiger auch der Begriff Barrierearmut verwendet, mit dem dies besser ausgedrückt wird. Technische Voraussetzungen dürfen jedoch nicht als Vorwand für fehlende Teilhabemöglichkeiten dienen. Stattdessen sollte die möglichst barrierefreie digitale Umgebung stets angestrebt und immer mehr erreicht werden.
Denn eine möglichst barrierefreie Umgebung sowohl in der realen als auch in der digitalen Welt kommt allen zu Gute. Einerseits profitieren ebenfalls Menschen davon, die keine Einschränkungen haben, wenn Vieles einfacher erreichbar, erkennbar oder verständlicher ist. Andererseits kann jede Person selbst in die Situation kommen, Barrierefreiheit zu benötigen. Schnell erleidet man eine Verletzung und irgendwann verschlechtert sich bei jedem die Sehkraft. Und selbst wenn man das Glück hat, aktuell keine Einschränkungen zu haben, sollte man grundsätzlich auf die Menschen achten, welche eine barrierearme Umgebung benötigen.
Wenn Sie Fragen zur Barrierefreiheit haben, können Sie sich an die Bundesfachstelle Barrierefreiheit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wenden oder an die entsprechende zuständige Person, welche jede öffentliche Einrichtung ernannt haben muss.
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