Zeichnen, schreiben, komponieren: Wie Digitalisierung und KI kreative Prozesse unterstützen und erschweren können
Im August 2024 bekam Jena seine erste mobile Graffitiwand – eine aufgestellte Holzwand auf dem Friedensberg, an der alle interessierten Menschen ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Doch was bedeutet Kreativität eigentlich? Können wir von der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz (KI) profitieren, oder stellen diese Technologien eher eine Hürde dar? Genau diese Fragen stehen im Mittelpunkt des heutigen Digitalen Donnerstags.
Was macht Kreativität aus?
Wahrscheinlich hat jede:r eine Vorstellung, was Kreativität ist. Doch sie zu beschreiben ist gar nicht so einfach. Auch die Wissenschaft hat sich lange schwergetan. Erst seit rund 20 Jahren gibt es eine allgemein anerkannte Definition: Wer kreativ ist, kann etwas erschaffen, das neu und einzigartig ist. Diese Neuschöpfung ist außerdem nützlich und zu etwas brauchbar.
Dabei gibt es zwei Bereiche, die sich überschneiden: Zur sogenannten großen Kreativität zählen außergewöhnliche, von Genies erschaffene Werke. Im Bereich der Kunst gilt dies etwa für Leonardo da Vinci und sein Gemälde „Mona Lisa“, für die Musik ist Wolfgang Amadeus Mozart mit seiner Oper „Die Zauberflöte“ ein Beispiel. Daneben gibt es im Alltag die kleine Kreativität. So können manche Personen ihre Wohnung fantasievoll einrichten, andere unterhaltsame Geschichten erzählen. Wie kreativ Menschen tatsächlich sind, hängt von ihren individuellen Eigenschaften und den Möglichkeiten ihrer Lebenswelt ab.
Die Digitalisierung unterstützt kreative Prozesse
Unsere Lebenswelt wird in vielen Bereichen von der Digitalisierung geprägt – auch in der Kreativität. Digitale Tools und Plattformen haben neue Möglichkeiten geschaffen, mit denen Kreativschaffende arbeiten können. Zudem generieren Programme dank Künstlicher Intelligenz Bilder, komponieren Musik oder erstellen Social Media-Posts.
Diese Entwicklung schafft vielfältige Möglichkeiten für Kreativschaffende wie Texter:innen, Maler:innen oder Musiker:in. Denn durch die Digitalisierung und das Internet haben die Menschen nahezu unbegrenzten Zugang zu Informationen und Inspirationen. KI-Tools können zudem in Sekundenschnelle kreative Ideen generieren, alternative Lösungsmöglichkeiten vorschlagen und vorhandene Konzepte erweitern.
Fake-Bilder – Wie man Fälschungen erkennt
Ein Bereich, der durch KI stark beeinflusst wird, ist die Erstellung von Bildern, insbesondere sogenannte Fake-Bilder. Diese täuschend echt aussehenden Bilder werden mithilfe von KI-Software erstellt und zeigen oft Szenen, die in der Realität nicht stattgefunden haben. Doch wie erkennt man Fake-Bilder?
Ein Hinweis auf Fälschungen sind ungewöhnliche Details wie verzerrte Proportionen, seltsame Schattenwürfe oder inkonsistente Hintergründe. Auch eine Bildrückwärtssuche im Internet kann helfen, herauszufinden, ob ein Bild manipuliert wurde oder bereits in einem anderen Kontext veröffentlicht war. Der Einsatz von Tools zur Bildanalyse kann ebenfalls nützlich sein, um Hinweise auf Bearbeitungen zu entdecken.
Um sich vor Fake-Bildern zu schützen, ist es wichtig, Quellen zu überprüfen, bevor man Inhalte teilt oder ihnen Glauben schenkt. Misstrauische oder sensationsheischende Darstellungen sollten mit Vorsicht betrachtet werden, insbesondere wenn sie keinen klaren Ursprung haben.
Vernetzung, Automatisierung und Effizienz
Digitale Plattformen bieten überdies umfangreiche (Bilder-) Kollektionen von kreativen Arbeiten, die als Anregung für eigene Projekte dienen können. Zugleich schaffen sie Möglichkeiten der Vernetzung, Kollaboration und des Austauschs von Künstler:innen.
Mittlerweile existieren viele Dienste, die beim Erstellen von Inhalten unterstützen: Einige Tools erlauben mit wenig Aufwand die Erstellung von hochwertigen Designs, andere Programme automatisieren Arbeitsschritte wie Bildbearbeitung und Musikproduktion. Indem manche KI-Tools anhand manueller Eingaben Vorlagen erstellen, Filter anwenden und eigene Kunstwerke kreieren, können Künstler:innen effizient arbeiten und freigewordene Ressourcen für die Weiterentwicklung des KI-Outputs oder für neue Produkte nutzen. Die geringe Einstiegshürde für viele dieser Programme lässt zahlreiche Menschen von den Vorzügen der Digitalisierung im Bereich der Kreativität profitieren.
Mangel an Originalität
Bei all den Vorteilen, die KI und Digitalisierung der Kreativbranche bieten, schaffen sie auch potenzielle Risiken für schöpferische Prozesse. So kann wohl jede:r, der Musik- und Videoplattformen, Streaming-Dienste oder Social-Media-Plattformen nutzt, von der Macht der Algorithmen berichten: Die Dienste zeigen nicht etwa immer die neuesten oder kreativsten Werke an, sondern priorisieren Inhalte aufgrund von Likes und Views. Künstler:innen, die erfolgreich sein wollen, müssen daher oft „Mainstream“-Inhalte produzieren. Darunter leiden Originalität und Kreativität.
Automatisierte Kreativtools können diesen Trend verstärken. Wenn etwa KI-gesteuerte Design- und Musiksoftware stets die gleichen Filter und Vorlagen verwendet, ist das Risiko groß, dass sich die Endprodukte ähneln. Der persönliche Stil der Kreativschaffenden bekommt dadurch weniger Einfluss.
Ethisches Dilemma und Urheber-Probleme
Darüber hinaus gibt es bei KI-erstellten Inhalten ethische und rechtliche Probleme. So haben die KI-Tools ihre Fähigkeiten anhand von Menschen geschaffener Werke erlernt. Die Schöpfer:innen dieser Werke wurden in der Regel weder gefragt noch entlohnt.
Umstritten ist zudem die Frage, wie groß bei einem von digitalen Tools generierten und von einem Menschen weiterentwickelten Produkt die kreative Leistung ist und ab wann es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt. Fest steht mittlerweile, dass rein von KI erstellte Inhalte keine Urheberrechte genießen und gemeinfrei sind.
Fazit: Eine kreative Balance zwischen Mensch und Maschine
Trotz der ethischen und urheberrechtlichen Herausforderungen, die der Einsatz von KI in kreativen Prozessen mit sich bringt, eröffnen digitale Tools eine Fülle neuer Möglichkeiten. Sie können Kreativschaffende auf vielfältige Weise unterstützen und ihre Arbeit erleichtern. Wenn diese Tools bewusst und verantwortungsvoll genutzt werden, können sie die Kreativität nicht nur erweitern, sondern auch neue Ausdrucksformen und Potenziale erschließen. Indem sich Kreative der Risiken bewusst sind und ihre Arbeitsweise anpassen, lässt sich das Beste aus beiden Welten – menschliche Originalität und technische Unterstützung – vereinen. So kann die Digitalisierung zu einem Motor für neue, innovative Kreationen werden.
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